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Firefox 22, die Cookie Richtlinie und Content Marketing

Sonny Damiri

Sonny is CEO and Co-Founder of Content Garden and supervises the daily operations at the company. He works hand in hand with the campaign, content and tech units.

Im Online-Marketing spielt das Tracking – das Sammeln von personenspezifischen Daten und Erstellen von Nutzerprofilen – eine entscheidende Rolle. Dadurch kann einem User, die für ihn relevante und seinen Interessen entsprechende Werbung gezeigt werden. Aber mit der neuen Version des Browsers Mozilla Firefox 22 und der E-Privacy Richtlinie der EU werden es Werbetreibende, Werbenetz- und Tracking-Anbieter in Zukunft schwerer haben Zielgruppen zu segmentieren und zu erreichen. Und das alles wegen einer kleinen Textdatei, die Cookie genannt wird.

Seit dem 25. Mai 2011 schreibt die EU ein einheitliches Vorgehen hinsichtlich Cookies und dem Schutz personenbezogener Daten in der elektronischen Kommunikation vor. Die sogenannte Cookie Richtlinie oder E-Privacy Richtlinie fordert, dass

Cookies, die nicht dem alleinigen Zweck der Übertragung von Nachrichten über ein elektronisches Kommunikationsnetz oder der von einem Nutzer ausdrücklichen gewünschten Diensterbringung dienen, nur noch mit vorheriger Einwilligung des Nutzers erlaubt sein soll. Eine weitere Voraussetzung ist die umfassende Information des Nutzers über den Einsatz der Cookie-Technologien und die Verwendung der damit generierten Daten.

Schön und gut, nur lässt die EU-Richtlinie offen, wie diese Einwilligung eingeholt werden soll. Das führte dazu, dass die Mitgliedstaaten die Richtlinie unterschiedlich umgesetzt haben:

  • Opt-in: Der User willigt aktiv der Verwendung von Cookies ein
  • Opt-out: Der User verbietet aktiv die Verwendung von Cookies

Welche EU-Länder die E-Privacy Richtlinie in nationales Recht umgesetzt haben zeigt folgende Tabelle:

Cookie Gesetze im aktuellen EU-Ländervergleich

Mehr Infos zur E-Privacy Richtlinie gibt es im PDF Cookie-Gesetze im aktuellen EU-Ländervergleich: Die Cookie-Vorreiter.

Wozu werden Cookies überhaupt benötigt?

Stellen Sie sich vor: Sie melden sich auf der Seite Ihres Freewebmail Anbieters mit User-Namen und Passwort an, doch beim Zugriff auf weitere Unterseiten werden Sie jedes Mal erneut aufgefordert Ihre Daten einzugeben. Das wäre sehr mühsam und alles andere als userfreundlich.

Um das zu vermeiden werden diese Informationen in einer kleinen Textdatei zwischengespeichert. Der Server der besuchten Website erkennt so den Rechner des Besuchers – den Client – wieder, sodass die Anmeldeprozedur nicht bei jeder Benutzeraktion wiederholt werden muss. Diese Textdateien werden First-Party-Cookies genannt. Sie werden temporär gespeichert und frühestens beim Schließen des Browsers wieder gelöscht.

Ohne Cookie kein reibungsloses Online-Shopping

Cookies können verschiedene Eingaben und Einstellungen speichern. Wird etwa die Internetverbindung während einer Benutzeraktion unerwartet unterbrochen, wird diese in der Textdatei zwischengespeichert, bei erneuter Verbindung vom Server abgerufen und schließlich ausgeführt.

Beim Online-Shopping werden durch Cookies die abgelegten Produkte im Warenkorb gespeichert, sodass der Besucher ohne Unterbrechung weiter auf der Website surfen kann. Cookies erhöhen somit eigentlich die Benutzerfreundlichkeit von Seiten und sparen dem User Zeit.

Aber haben Sie sich schon mal die Frage gestellt, warum Sie auf einer Website einen Werbebanner von genau dem Produkt zu sehen bekommen, welches Sie gerade im Onlineshop einer anderen Seite kaufen wollten, es aber schlussendlich doch nicht getan haben? Das Zauberwort lautet Adserver!

Targeting mittels Ad Serving

Ein Adserver ist das Managementsystem eines Drittanbieters, das Online-Werbekampagnen plant, verwaltet und auswertet. Um das tun zu können benötigt das System aber die Nutzerdaten der User. Diese bekommt der Adserver von sogenannten Third-Party-Cookies.

Beispiel:

Sie besuchen eine Website und sehen dort einen Banner. Dieser speichert auf Ihrem Rechner ein Third-Party-Cookie und schickt Ihre Nutzerdaten an jenen Adserver, der die Werbekampagne verwaltet. Sie besuchen eine andere Seite und bekommen dort erneut ein Online-Werbemittel vorgesetzt. Wiederum wird Ihr Surfverhalten in einem Cookie gespeichert und die Daten an den jeweiligen Adserver geschickt. Mit jedem weiteren Websitebesuch erstellt das Managementsystem ein immer detaillierteres Nutzerprofil von Ihnen. Diese Informationen können von Werbetreibenden, Werbenetz- und Tracking-Anbietern dazu genutzt werden, Ihnen die Werbung anzuzeigen, die für Sie relevant ist.

Adserver und Third-Party-Cookies ermöglichen Targeting-Methoden wie:

  • Retargeting
  • Behavioral-Targeting
  • Predictive-Behavioral

Beim Retargeting werden im Internet verloren gegangene Nutzer, d.h. User die einen Kaufprozess abgebrochen oder mit einem angezeigtem Online-Werbemittel noch nicht interagiert haben, wieder gefunden.

Behavioral- und Predictive-Behavioral Targeting nutzen technische Daten wie IP-Adresse, besuchte Websites, Verweildauer, Frequenz und geographische Lage des Rechners um detaillierte Nutzerprofile zu erstellen. Anhand dieser digitalen Verhaltensmuster werden User mit ähnlichem Surfverhalten in Kategorien eingeteilt und damit die für sie passende Werbung ermittelt.

Web- oder DOM-Storage

Ein Cookie ist aber nicht die einzige Methode, wie persönliche Einstellungen gespeichert werden können. Mittels Web- bzw. DOM-Storage lassen sich weitaus größere Mengen an Daten persisten, d.h. über einen längeren Zeitraum speichern. Sind es bei einem Cookie lediglich 4 Kilobyte, bietet DOM-Storage clientseitig bereits 5 MB Speicherkapazität – daher auch der Name Supercookie.

Indexed Database API

Im Gegensatz zu Cookies und DOM-Storage kann die Indexed Database API, kurz IndexedDB, neben Textdateien und Strings (Sequenzen aus Symbolen) auch Zahlen, Objekte und Arrays (Datenfelder) speichern, d.h. sie ist praktisch eine richtige Datenbank. Dadurch können große Datenmengen gespeichert und Webapplikationen auch im Offline-Modus genutzt werden.

Die Online-Werbebranche in der Krise

Sollte jedoch die e-Privacy Richtlinie der EU letztendlich auf alle Methoden der Sammlung und Verknüpfung von personenbezogenen Daten umgesetzt werden, befindet sich die Online-Werbebranche in einem Dilemma. Automatisch würde die Erstellung von Nutzerprofilen erschwert werden, da das Surfverhalten der User zukünftig nicht mehr getrackt werden kann. Lücken im Profiling können bereits bald durch die neue Firefox Version entstehen.

Akzeptanz und Relevanz der Onlinewerbung wird geringer

Ab 25. Juni 2013 blockiert Firefox 22 (vorab unter Firefox Aurora als Pre-Beta Version zum Downloaden) per Voreinstellung Third-Party-Cookies. Das mag aus der Sicht der Datenschutzgesetzesgeber und der Internetznutzer ein Schritt zu mehr Kontrolle über personenbezogenen Daten sein, aber wie heißt es so schön: Es ist nicht alles Gold was glänzt!

Der Adserver kann einem User nur dann für ihn relevante Werbung anzeigen, wenn er entsprechende Nutzerdaten von ihm hat. Fallen diese weg, weiß er nicht mehr welche Werbemittel er diesem Besucher bereits ausgespielt hat. Das Endergebnis wäre, dass Internetnutzer tonnenweise nicht relevante Werbung zu sehen bekommen.

Firefox bevorzugt große und benachteiligt kleine Webanbieter

Mozilla orientiert sich mit der Version Firefox 22 an Apples Safari Browser und blockiert Third-Party-Cookies per Default, außer der User hat die Website des jeweiligen Anbieters zuvor besucht. Daher haben kleine Webanbieter einen klaren Nachteil gegenüber Google und Facebook. Da diese Seiten von vielen Nutzern regelmäßig aus freiem Willen besucht werden, können diese Anbieter ihre Third-Party-Cookies auf den Rechnern der User speichern und weiterhin große Mengen an Daten sammeln.

Die Post-Cookie Ära

Sollte der Fall eintreten, dass durch die Cookie Richtlinie keine Nutzerprofile mehr angelegt werden dürfen, müssen sich Unternehmen eine andere Strategie überlegen um ihre Zielgruppen zu erreichen. Eine Methode, User ohne Cookies zu tracken, ist der digitale Fingerabdruck. Die Technologie des Fingerprintings kann den Rechner eines Internetnutzers anhand verschiedener Daten wie Browser-Einstellungen, geografische Merkmale und IP-Adresse, eindeutig identifizieren – selbst dann, wenn dieser regelmäßig seine Cookies löscht.

Eine andere Möglichkeit Lücken in der User-Journey-Analyse, die sich bei strenger Umsetzung der Cookie Richtlinie zwangsläufig ergeben würde, zu schließen ist Content Marketing. Denn im Content Marketing geht es im Grunde genommen ebenfalls um Targeting, nur erfolgt dies nicht mit Hilfe von Cookies.

Ziel im Content Marketing ist es, die potenziellen und bestehenden Kunden auf die eigene Unternehmenswebsite zu leiten, dort zu halten und zu binden. Um das zu erreichen werden aber primär keine Online-Werbemittel eingesetzt, sondern begehrenswerte Inhalte – Inhalte die Menschen emotional ansprechen, unterhalten, informieren und weiterbilden.

Vorteile von Content Marketing

Anstatt sich auf Paid Media (Kommunikation über bezahlte bzw. gekaufte Kanäle) zu verlassen, sollten Unternehmen ihren Fokus im Internet auf Owned Media (Kommunikation über eigene Kanäle) legen, d.h. vor allem auf die eigene Website. Die Vorteile sind:

  • effizienter und effektiver Einsatz von finanziellen Ressourcen
  • Bündelung der relevanten Zielgruppe auf der eigenen Website
  • Unabhängigkeit von der Reichweite von Paid Media Kanälen
  • Kampagnen-Unabhängigkeit
  • Aufbau einer eigenen Community
  • nachhaltige Auffindbarkeit der Inhalte über Suchmaschinen

Kosten-Nutzen-Faktor

Content Marketing kann mit relativ geringem Kostenaufwand betrieben werden. Bei der Definition der Content Strategie müssen dafür die verschiedenen Stärken und Schwächen von Inhalten, vor allem im Hinblick auf die finanziellen Ressourcen, geprüft werden.

Zu Beginn benötigt eine Seite aber vor allem hohen Traffic, denn was nützen die schönsten Inhalte, wenn sie niemand sieht? Zugriffe können

  • direkt auf der Website
  • organisch über Suchmaschinen
  • mittels Earned Media, d.h. über Social Media Kanäle
  • via Linkbuilding
  • durch Online-Werbekampagnen

erreicht werden. Und hier gewinnen, vor allem Newsportale immer mehr an Bedeutung in einer (fiktiven) cookielosen Internetwelt.

Zielgruppen-Filter ohne Cookies

Verlagshäuser und Publisher bieten Werbetreibenden, mit ihrem reichhaltigen Angebot an Inhalten, das perfekte Umfeld um Zielgruppen zu filtern. Ein Besucher, der im Politik-Kanal eines Newsportals einen Artikel über die politische Situation Syriens liest, hat nicht zwangsläufig Interesse an einem Afrikaurlaub, sehr wohl aber der Leser eines Kenia-Beitrags auf der Reise-Unterseite. In diesem Fall würde es für eine Reiseanbieter Sinn machen auf diesem Kanal passende Online-Werbung zu schalten um den Nutzer auf die eigene Seite zu leiten. Auf diese Art und Weise kann zusätzlich Traffic generiert und die potenzielle Zielgruppe auf der eigenen Website gebündelt werden – und das alles ohne Cookies.

Diese Methode trägt die Bezeichnung Semantisches Targeting und wird bereits im Online-Marketing angewendet. Das Problem dabei ist, dass die eingesetzten Werbemittel häufig auf den sofortigen Kaufabschluss ausgerichtet sind. Aus diesem Grund sind sie für einen Großteil der Nutzer gar nicht interessant und die Click-Through-Rate, kurz CTR, bei diesen Kampagnen meist eher bescheiden.

Customer Conversion durch Content Marketing

Im Sinne des Content Marketings wäre es ideal, wenn der User nach der Interaktion mit dem Werbemittel nicht direkt auf das Online-Buchungsportal des Reiseanbieters weiter geleitet wird, sondern auf eine Seite mit weiterführenden Informationen zum Thema „Reisen in Kenia“. Warum?

Ein User, der auf der Unteseite eines Newsportals einen Kenia-Artikel liest und mit einem, zur Thematik passendem Werbemittel interagiert, kann das aus unterschiedlichen Gründen machen:

  • Er sucht nach alternativen Reisedestinationen
  • Er sucht nach mehr Informationen über Kenia
  • Er sucht nach konkreten Kenia-Reise-Angeboten

Aus diesem Grunde sind die angebotenen Inhalte einer Website enorm wichtig. Sie sollten im besten Fall die verschiedenen Bedürfnisse der Zielgruppe befriedigen. Jede weitere Hilfestellung, die der User in seiner persönlichen Phase des Kaufprozesses bekommt, erleichtert ihm die Entscheidung – sie entscheidet letztendlich über Abschluss oder Absprung.

Eine Zielgruppenanalyse im Vorfeld verschafft bei der Definition der passenden Inhalten eindeutig Klarheit. Beispiele wie Brand Awareness, Traffic Steigerung, Lead Generierung, Customer Conversion, Kundenbindung und Upselling durch die Produktion und Verbreitung von Inhalten erreicht werden können, habe ich im Artikel 6 Ziele in der Content Marketing Strategie aufgezählt.

Fazit

Das Tracking von Internetnutzern im Online-Marketing wird gegenwärtig durch Cookies ermöglicht. Third-Party-Cookies dienen dem Sammeln von Daten und dem Erstellen von Nutzerprofilen. Mit Firefox 22 sollen diese, wie bei Apples Safari Browser, per Default blockiert werden. Doch neben First-Party-Cookies bieten Web Storage, IndexedDB und Fingerprinting weitere Möglichkeiten um Daten zu sammeln. Aus diesem Grund strebt die EU eine einheitliche Regelung hinsichtlich des Schutzes personenbezogener Daten in der elektronischen Kommunikation an. Egal wie sich die e-Privacy Richtlinie auf die nationale Gesetzgebung der jeweiligen Mitgliedstaaten auswirken wird, Content Marketing ist für Werbetreibende auf jeden Fall eine erfolgversprechende Alternative um der Zielgruppen-Targeting-Misere zu entkommen.