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Adblocker: Schrecken der Werbeindustrie

Lucas Schaerf

Lucas Schärf beschäftigt sich als Co-Founder von Content Garden mit der Expansion und strategischen Entwicklung des Unternehmens. Er ist begeisterter Outdoor-Sportler und findet, dass die Welt noch etwas mehr Kreativität und Erfindertum vertragen könnte.

Kaum eine technisch gewiefte Erfindung macht der Werbebranche derzeit so zu schaffen, wie es die Adblocker tun. Wie die Studie von Adobe und PageFair Ad-Blocking Software Will Cost the Ad Industry $22 Billion This Year zeigt , sind die Verluste, die der Werbeindustrie damit entgehen, enorm: 22 Milliarden US-Dollar beträgt der Schaden alleine für das Jahr 2015. Und das, obwohl der Adblocker zu Beginn gar keine werbeschädigenden Intentionen verfolgte.

Eine kleine Geschichte über den Adblocker

Es war das Jahr 2002, als der Däne Henrik Aasted Sörensen aus Kopenhagen die heute viel genutzte Adblock-Erweiterung für Browser entwickelte. „Viele denken, ich hätte Adblocker aus antikapitalistischer Wut, oder um das Internet wieder zu seinen weniger kommerziellen Wurzeln zurück zu führen, entwickelt“, erklärt er. In Wahrheit habe er aber – weil er für ein Examen lernen sollte – lediglich aus Langeweile mit der neuen Möglichkeit von Browser Extensions für den Firefox-Vorgänger Phoenix gespielt. Sörensen erfand auf diese Weise den ersten Adblocker, den er kostenlos zur Verfügung stellt.

Dilemma der Werbebranche

Das bringt uns zur Zwangslage, in der sich die Werbebranche derzeit befindet: Display Ads performen schlecht, laut dem Display Benchmarking Tool von Doubleclick, der Display Advertising-Abteilung von Google, liegt die durchschnittliche Click Through Rate von Display Ads bei 0,06 Prozent. Der Grund dafür, so zeigt die Hubspot Studie 20 Display Advertising Stats That Demonstrate Digital Advertising’s Evolution, ist mitunter die für den User fehlende Relevanz der Werbebotschaften. Nur 2,8 Prozent der User meinen, dass Werbung auf Websites einen Mehrwert bietet. Und hier hören die Hiobsbotschaften in Punkto Display-Werbung noch nicht auf: 50 Prozent der Klicks auf Mobile Ads passieren nur durch Verklicken, 54 Prozent der User klicken keine Banner, weil sie ihnen nicht vertrauen und ein Drittel aller User findet Display Ads schlichtweg unerträglich.

Kreativ oder destruktiv?

Diese Entwicklung trieb die Branche dazu, immer kreativere, aber auch destruktivere Werbeformate zu entwickeln, deren Ziel es ist, den User buchstäblich von allen Seiten mit Werbebotschaften zu konfrontieren: Pop Ups, Layer Ads, Pre Rolls, Pushdown Ads und so weiter, verdecken seither den Content und damit auch jene Inhalte, für deren Konsum sich der User aktiv entschieden hat und die er als relevant betrachtet. Angesichts dessen ist es also nicht weiter verwunderlich, dass weltweit fast 14 Millionen Menschen täglich den Adblock Plus verwenden. In Österreich nutzen laut einer Studie der GroupM 32 Prozent der User Adblocker, weitere 24 Prozent planen die Verwendung dieser Technik. In Deutschland haben laut der Statistikplattform Statista bereits 25,3 Prozent der aktiven Internetnutzer ein Adblock-Plugin installiert.

Wie reagiert die Branche?

Wie aber reagiert die Werbeindustrie auf diese Tendenz? „Insgesamt setzen nur sehr wenige Nutzer eine Adblocker-Software ein. Die große Mehrheit der deutschen Verbraucher hat verstanden, dass die attraktiven und zugleich kostenfreien Inhalte im Internet durch Werbung refinanziert werden“, wird Christian Zimmer, stellvertretender Vorsitzender der Fachgruppe Online-Mediaagenturen im Bundesverband Digitale Wirtschaft in Deutschland, online von „Die Zeit“ zitiert. Ihre Scheuklappen hat die Branche also trotz gegenteiliger Zahlen nicht abgelegt. Dass es aber auch andere Wege gibt, den Adblockern zu begegnen, zeigt die Bild-Zeitung derzeit: Nach dem Motto „Ihr wollt alles umsonst, dann bekommt ihr nichts zu sehen“, haben User mit Adblockern im gesamten DACH-Raum keinen Zugriff auf die Inhalte der Nachrichtenseite.

Content muss her

Der Banner ist tot – das wird häufig behauptet. Das stimmt so nicht, denn: Retargeting funktioniert! Wie die Hubspot Studie zeigt, führen User, die per Retargeting ausfindig gemacht werden, zu 70 Prozent mehr Conversions. Warum? Weil die Werbung für den User relevant ist und er gezielt damit konfrontiert wird, nachdem er bereits zuvor Interesse gezeigt hat. Native Advertising macht sich genau diese Relevanz für den User zunutze, ganz nach dem Motto: Leser mögen Inhalte, Werbung ist unbeliebt. Aber auch wenn Inhalte werblichen Ursprungs sind und einen Mehrwert bieten, sind sie für den Nutzer akzeptabel, im besten Fall sogar eine Bereicherung. Das zeigt auch Hubspot: Native Ads werden zu 53 Prozent mehr angesehen als Banner Ads. 32 Prozent der User würden Native Ads außerdem mit Freunden oder mit der Familie teilen – auf Banner Ads trifft das nur zu 19 Prozent zu.

Auf den Kontext kommt es an

Die kritischen Vermarktungserlöse bei Desktop-Advertising und die verheerenden Ergebnisse für Mobile Advertising zeigen uns deutlich: Wir brauchen am User ausgerichtete Werbeformate wie etwa Native Advertising. Aber auch hier muss sorgfältig gearbeitet werden, denn Werbung nur als Content im Look and Feel der Redaktion zu tarnen und dann nach einem Klick wieder direkt zum Werbekunden zu führen, resultiert im Frust des Users und in hohen Absprungraten.

Die Werbebranche muss also umdenken und den Kontext und die Relevanz der Werbung wieder hervorheben. Zuerst die zehn besten Lauftipps zu präsentieren und dann ein Display Ad zum Thema Versicherungen zu schalten, macht keinen Sinn. Nur wenn Werbung und Inhalt zusammenpassen, werden auch Display Ads geklickt.