
Auf der Suche nach Beispielen für gutes Content Marketing bin ich neulich auf Betabrand gestoßen. Das Modelabel aus San Francisco erwirtschaftete bereits im Gründungsjahr 2010 einen Umsatz von einer Million US-Dollar und verdoppelte diesen 2011. Das Start Up setzt bei der Vermarktung seiner Kreationen auf Viralität und User-Generated-Content. Eine klassische Einteilung in Frühjahr-, Sommer-, Herbst- und Winterkollektion gibt es bei Betabrand nicht, denn das reine Online-Label produziert nur Mode, die von der Zielgruppe explizit gewünscht wird. Für Gründer und Modedesigner Chris Lindland ist die Quelle des Erfolges Crowdsourcing.
Die quergestreifte Cordhose
Die Erfolgsgeschichte von Betabrand begann mit einer schlichten Bewerbung. Um 2009 war Chris Lindland auf der Suche nach einem Job bei einer Werbeagentur. Um seine Kreativität unter Beweis zu stellen, rief er kurzerhand die Website Cordarounds.com ins Leben, auf dieser er eine quergestreifte Cordhose präsentierte. Frech stellte er die Behauptung auf, dass sein innovatives Kleidungsstück die Überhitzung des männlichen Beinschritts auf 22 Prozent senkt. Mit pseudowissenschaftlichen Ausführungen über die Vorteile von horizontaler gegenüber vertikaler Riffelung traf Lindland den Nerv der Konsumenten und verkaufte – nach eigener Aussage – rund 8.000 Exemplare seiner Cordhose. Das war die Geburtsstunde von Betabrand.
Modedesign 2.0
Wer glaubt, dass Chris Lindland ein begnadeter Designer ist, der irrt. Der Unternehmer hat seine aktuelle Profession weder gelernt, noch hat er tatsächlich Ahnung von Modedesign. Doch er ist davon überzeugt, dass Mode ein Ergebnis des sozialen Austausches ist. Daher ist sein Ziel nicht die coolsten Designs zu kreieren, sondern solche, über die am meisten geredet wird. Genau wie bei Memes erlangen seine Produkte ihre Bekanntheit und Begehrtheit durch die virale Verbreitung über das Netz.
Lindland selbst bezeichnet sich als Internetspezialist, und das stellt er mit Betabrand unter Beweis. Das Modelabel zieht in seiner Content Strategie sämtliche Register der modernen Internetkommunikation. Die Website ist eine interaktive Plattform für Modeinteressierte, welche die Kollektion online mitentscheiden und sich öffentlich zur Marke und ihren Produkten bekennen.
Engagement durch Crowdsourcing
Auf Betabrand.com dreht sich alles um die Interessen der Zielgruppe und der Interaktion mit ihnen. Daher setzt das Modelabel in seiner Content Strategie voll und ganz auf Crowdsourcing.
Unter Crowdsourcing versteht man die Auslagerung von Unternehmensaufgaben an eine Gruppe von freiwilligen Akteuren zur Generierung von unterschiedlichen Mehrwerten, wie Produkte oder Dienstleistungen. Das prominentestes Beispiel dieser Form der Leistungserbringung ist Wikipedia, das aus einem Crowdsourcing Projekt entstand.
So liegt auch bei Betabrand das Erfolgsgeheimnis im Crowdsourcing, der Einbindung seiner Community in Unternehmensentscheidungen. Um die nötigen Interaktionen zu forcieren, präsentiert das Unternehmen unter der Rubrik „Think Tank“ jede Woche neue Designentwürfe.
Gelebte Demokratie statt Markendiktat
Unter allen Entwürfen, die unter „Think Tank“ online gestellt werden, hat die Community die Möglichkeit per Online-Voting für ihre Favoriten abzustimmen und bestimmen damit die Produktlinie des Modelabels mit. User entscheiden letztendlich, ob Designs wie die Butcher Briefs, Underwearshorts für Männer mit aufgedrucktem „Fleischdiagramm“, oder die Meat Feet, Socken mit Mortadella- oder Prosciutto-Muster, in Produktion gehen.
Sock Insurance
Das einzigartige Zusatzangebot von Betabrand: Die Sockenversicherung. Jeder verloren gegangene Strumpf wird kostenlos ersetzt, sofern man einige Regeln beachtet, u.a. muss man auf der Website ein lustiges Foto hochladen und auf Facebook mit seinen Freunden teilen, um in den Genuss der Polizze zu gelangen. Auf diese Weise wird der Traffic auf der Unternehmensseite zusätzlich gesteigert.
Die Zielgruppe als Ideengeber
Auch der User kann bei Betabrand zum Designer werden! Das Unternehmen ermutigt die User, eigene Ideen einzureichen und dadurch Teil der Betabrand-Produktwelt zu werden. Entwürfe, welche die Zustimmung der Community genießen, d.h. entsprechend viele Votings bekommen, werden vom Label umgesetzt und in limitierter Stückanzahl zum Verkauf angeboten, so geschah es z.B. mit Golden Disco Hoodie – ein Designvorschlag eines Users.
Klare Definition der Content Marketing Ziele
Da das Modelabel seine Produkte ausschließlich über den Onlineshop verkauft, sind die Ziele in der Content Strategie des Unternehmens klar definiert:
- Trafficsteigerung
- Leadgenerierung
- Customer Conversion
- Kundenbindung
Um diese zu erreichen setzt die unkonventionelle Marke auf User-Generated-Content. Betabrand Kunden sollen die Produkte nicht nur tragen, sondern auch zum Ausdruck bringen können. Dazu stellt das Online-Modelabel seiner Zielgruppe die gesamte Website zur Verfügung. Mit der Aufforderung Take Over Our Homepage wird die Community ermutigt den Internetauftritt der Marke mitzugestalten.
Be a Model Citizen
Unter der Rubrik Model Citizen haben die User die Möglichkeit zu zeigen, dass ein wahres Model in ihnen steckt. Dazu muss man sich lediglich über Facebook oder mit einer Mail-Adresse anmelden – und schon hat die Marke einen qualitativen Lead generiert. Im nächsten Schritt muss man ein persönliches Bild hochladen, mit dem Cropping-Tool zurechtschneiden und der Betabrandbrille versehen, der Anfangsbuchstabe des Firmenlogos.
Nach Beendigung dieser Prozedur, erhält man ein Benachrichtigungsmail mit einem Link. Klickt man auf diesen wird man auf Betabrand.com geleitet, auf der man sich als Model der Marke bewundern kann. Natürlich kann man dieses Ereignis sofort mit seinen Freunden über diverse Social Media Kanäle teilen. Auf diese Weise wird der Traffic auf der Website enorm gesteigert, denn wer träumt nicht davon auch einmal das Covermodel einer Modemarke zu sein?
Customer Conversion durch User-Generated-Content
Für seine Mühen wird man auch belohnt – 10% Rabatt winken für jedes Beta(ge)brandete Foto. Zeigt man sich gar mit einem Produkt des Modellabels, macht das Unternehmen sogar 20% locker. Diese Discounts können aber nur innerhalb einer Stunde im Onlineshop eingelöst werden – Customer Conversion, Mission accomplished!
Fazit
Das Online-Modelabel Betabrand ist ein Beispiel für gutes Content Marketing. Durch Crowdsourcing werden die Kunden in den kreativen Designprozess der Marke mit einbezogen und damit die wahren Bedürfnisse der Zielgruppe ermittelt. Rabatte von 10% und 20% werden in Aussicht gestellt mit dem Ziel Leads zu generieren und den Verkaufsabschluss zu forcieren. Bereits über 7.500 Fotos wurden auf der Website hochgeladen. Statt professionelle Models sieht man hier die Bilder von tausenden von Kunden, die sich natürlich viral im Internet verbreiten und somit den Traffic der Website steigern. Mein Fazit: Betabrand ist cleveres Content Marketing mit perfekter Umsetzung!